Weihnachtsansprache der Queen 1999

Ein wunderschönes Weihnachtsfest Ihnen allen. Wenn ich den Chor von St. George’s Chapel, Windsor, höre, erinnert mich das daran, dass diese Jahreszeit der Weihnachtslieder und Weihnachtsbäume eine Zeit ist, Bilanz zu ziehen; eine Zeit, um über die Ereignisse des vergangenen Jahres nachzudenken und sich Vorsätze für das kommende Jahr vorzunehmen.

Diesen Dezember blicken wir nicht nur auf ein Jahr, sondern auf hundert Jahre, ja sogar tausend Jahre. Die Geschichte wird in Jahrhunderten gemessen. Mehr als zuvor sind wir uns bewusst, ein winziges Teil des unendlichen Flusses der Zeit zu sein, wenn wir uns von einem Jahrhundert, von einem Jahrtausend zum nächsten bewegen.

Und wenn ich in die Zukunft schaue, habe ich überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Veränderung eine Gewissheit ist – und das Tempo dieser Veränderung scheint sich noch zu erhöhen.

Das trifft für uns alle zu – jung und alt. Auf dem 99. Geburtstag meiner Mutter im letzten August wurde mir bewusst, wie die Unvermeidlichkeit der Veränderung uns alle betrifft und wie unterschiedlich die frühen Jahre meiner Mutter verglichen mit denen meiner Enkelkinder waren.

Für viele ihrer Generation ist die Zukunft einer Quelle der Spannung, Hoffnung und Herausforderung. Für andere jedoch ist die Zukunft Grund für verständliche Besorgnis. Es gibt zum Beispiel viele in meinem Alter unter den Verletzlichen in der Gesellschaft, die Angst haben zurückzubleiben. Das Ausmaß der Veränderung scheint soviel hinwegzufegen, was vertraut und beruhigend ist.

Aber ich denke nicht, dass wir zu ängstlich sein sollten. Wir können die Zukunft sinnvoll nutzen, wenn wir die Lektionen der Vergangenheit verstehen. Winston Churchill, mein erster Premierminister, hat gesagt: “Je weiter du zurücksiehst, desto weiter siehst du nach vorn.”

Diese Bedeutung der Geschichte kam mir sehr in den Sinn, als ich das neue Schottische Parlament im Juli dieses Jahres eröffnete. Devolution in Schottland und Wales und der hoch willkommene Fortschritt in Nordirland vor Kurzem sind die Antworten auf die heutzutage geänderten Bedingungen, aber man muss sie in ihrem historischen Kontext sehen.

Die Geschichte und die gemeinsame Vergangenheit spielten auch eine wichtige Rolle dabei, so viele unterschiedliche Nationen im modernen Commonwealth zusammenzubringen.

Dies war ein häufiges Thema bei der Commonwealth Konferenz in Südafrika im letzten Monat.

Bei diesem Treffen haben viele von uns die Art wie die verschiedenen Fäden unserer gemeinsamen Vergangenheit ineinander verwoben sind, so dass wir effektiver den Herausforderungen begegnen und die Möglichkeiten vor uns nutzen können, herausgestellt. Das Commonwealth und der Prozess der Devolution im Vereinigten Königreich erinnert uns an die Wichtigkeit, die Lektionen der Vergangenheit in Bezug auf die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zu bringen.

Um dies zu tun, brauchen wir aus unserer Geschichte die konstanten und unveränderlichen Werte, die die Zeiten überdauert haben, abzuleiten. Fairness and Hingabe, Gerechtigkeit and Toleranz sind die Meilensteine der Vergangenheit, die uns durch die vor uns liegenden Jahre geleiten.

Diese zeitlosen Werte sagen uns vor allem, wie wir uns zu Menschen – eher als zu Dingen – verhalten sollen; an andere denken, nicht nur an uns selbst.

Im Herbst besuchte ich in Manchester Rettungsdienste, in deren Verantwortung tagaus, tagein, die Sorge um andere liegt. Wie immer sind sie auch jetzt zu Weihnachten und Neujahr im Einsatz.

Das ganze Land herauf und herunter arbeiten Menschen, wie diese Feuerwehrmänner, Krankenschwestern und Rettungswagenfahrer, die ich traf, unermüdlich daran, anderen zu helfen. Sie erinnern uns an die Verantwortung eines jeden einzelnen von uns, sich um unsere Nachbarn und die weniger Glücklichen zu kümmern. Ich glaube, dass das uns die Richtung und die Lösungsmöglichkeit für die kommende Jahre zeigt.

Die Zukunft beinhaltet nicht nur neue Apparaturen, moderne Technologie oder die neueste Mode, so wichtig das auch sein mag. Im Zentrum all unseres Lebens – heute und morgen – muss die Botschaft der Nächstenliebe liegen, die Herzensbotschaft des Christentums und aller großen Religionen.

Diese Botschaft – liebe deinen Nächsten wie dich selbst – mag für Christen 2000 Jahre alt sein. Aber sie ist heute so bedeutend wie sie immer war. Ich glaube sie ist die Richtschnur und der Rückhalt, den wir brauchen, wo wir die Schwelle ins 21. Jahrhundert überschreiten.

Und ich für meine Person freue mich auf das neue Millennium.

Ich möchte Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und in diesem besonderem Jahr ein gutes und glückliches Neues Jahr wünschen.