Harry nun auch wieder auf Deutsch

Am Samstag ist es endlich soweit: der neueste Band der Harry-Potter-Reihe erscheint auf Deutsch, rund vier Monate nach der Veröffentlichung des Originals „Harry Potter and the Order of the Phoenix“. Dorle Neumann von dem „Westfälischen Nachrichten“ sprach mit Sabine Wilharm, die auch wieder das Cover des jüngsten Band gestaltete. Es begann alles ganz harmlos. Sabine Wilharm erhielt einen Anruf vom Hamburger Carlsen-Verlag. Ob sie nicht den Einband für ein viel versprechendes Kinderbuch gestalten wollte? Und die Hamburgerin hatte Zeit und Lust, das Buch gefiel ihr, sie sagte ja – zum Glück. Denn der Junge, der da aus ihrer Fantasie auf das Papier sprang, wurde weltberühmt. Sein Name: Harry Potter.

Inzwischen, so räumt die Illustratorin ein, ist sie „ein bisschen zittriger“, wenn sie die Entwürfe für einen neuen Potter-Umschlag zeichnet. „Schließlich ist einem bewusst, dass weit über eine Million Menschen auf das Cover schauen werden.“

Für den neuen Band hatte sie auch wieder vier verschiedene Motive entworfen: Den Raum mit dem archaischen Bogen, in dem Harrys Patenonkel Sirius Black für immer (?) verschwindet; dann der gute Phönix und die böse Schlange im Kampf; eine Häuserschlange; und den Raum mit den vielen Türen im Ministerium für Zauberei, in dem die Hogwarts-Sprößlinge den Kampf gegen Voldemort & Co aufnehmen. Nach intensiver Diskussion stellte der Carlsen-Verlag die letzteren beiden im Internet zur Abstimmung. 102 799-mal machte es klick – dann stand das Raum-Motiv mit 55,1 Prozent knapp als Sieger fest. „Mein Favorit war das andere“, gibt Sabine Wilharm zu. Und musste deshalb „nachsitzen“: Seit Band zwei wird das Covermotiv auf Vor- und Rückseite gestaltet – und für den Türen-Raum hatte sie noch nichts entwickelt. So viel sei verraten: Die Schlange und der archaische Bogen tauchen auf!

Die Hamburgerin, Jahrgang 1954, hat ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. In der Schule hat sie ein Zeichenlehrer ermutigt, nach der mittleren Reife ging sie auf Anraten der Mutter zur Fachhochschule : „Damals wollte ich Künstlerin werden“, schmunzelt sie heute. Ein Hochschulprofessor mit dem prägnanten Namen Wilhelm M. Busch weckte dann ihre Begeisterung fürs Zeichnen: „Wenn ich den nicht gehabt hätte.“

Seit dem Abschluss 1976 ist sie freie Illustratorin und arbeitet für Buchverlage und Zeitschriften. Einige Male hat sie auch Liedertexte für die „Sendung mit der Maus“ bebildert. Zeitweise hat sie einen Lehrauftrag an der FH innegehabt: „Da habe ich auch noch einmal viel über meine Arbeit gelernt, weil ich gezwungen war, anderen zu erklären, was ich mache!“ Ihren eigenen prägnanten Stil bezeichnet sie als „etwas karikierend mit Comic-Elementen, räumlich und dynamisch.“

Wenn sie einen Auftrag auf dem Atelier-Tisch liegen hat, dann „kreist“ sie ihre Figuren erst einmal ein. Das spontane Beispiel während des Interview gibt einen Eindruck. „Nein, der ist im Gesicht zu schmal“, meckert sie an der Harry-Skizze herum, während ihre Hand über das Papier flitzt. „Der sieht schon viel zu alt aus“ – sie hat Recht. Aber dennoch ist es unverwechselbar Harry.

Normalerweise bekommen Illustratoren von den Lesern wenig Resonanz auf ihre Arbeit. Deshalb war sie „völlig überwältigt“, als sie für Band vier zu einer Signierstunde in eine Poppenbütteler Buchhandlung fuhr. „Da wartete eine lange Schlange, Kinder und Eltern, keiner hat gemurrt, dass es so lange dauerte“, erinnert sie sich noch erstaunt und beeindruckt. Und am Ende tat ihr der Arm nur noch weh.

Trotz des Harry-Booms – viel lieber illustriert Sabine Wilharm nach eigenem Bekunden ein ganzes Buch. Auf der Grundlage des Textes kann sie dann frei gestalten, „die Figuren können sich entwickeln“. Zu richtigen „Typen“, wie etwa das Bilderbuch „Ein Huhn, ein Ei und viel Geschrei“ beweist. Der Autor sieht das Resultat immer erst nach der Fertigstellung. Eine enge Absprache vorher hält sie nicht für sinnvoll – „das fände ich zu einengend“. Und dann lächelt Harrys optische Mutter: „Der eine oder andere Autor kriegt sicher einen Schock, wenn er die Illustrationen sieht.“

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Dorle Neumann aus den Westfälischen Nachrichten vom 25. Oktober 2003. Dorle Neumann

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