Fünfte Agatha Christie Week 2009

Das Agatha Christie Festival findet nun schon zum fünften Mal in Torquay statt. Jedes Jahr fällt es größer aus. Auch dieses Jahr lockte das Festival viele Fans der Queen of Crime – auch vom „Kontinent“ an die „englische Riviera“.

Buchvorstellung: Agatha Christie at home

Am 15. September stellte Hilary Macaskill ihr neues Buch „Agatha Christie at home“ vor. Die Veranstaltung fand im Grand Hotel statt. Das Hotel steht mit Agatha Christie in enger Verbindung: hier verbrachte sie ihre Hochzeitsnacht.
Agatha Christie liebte es, Häuser einzurichten. Schon als Kind besaß sie eine große Puppenstube und kaufte ständig neue Puppenmöbel für das Puppenhaus. Insgesamt erwarb sie in ihrem Leben – wenn ich mich recht erinnere, im Buch wird die Zahl leider nicht richtig genannt – 16 Immobilien, die sie aber nicht gleichzeitig besaß. Großzügig wie Agatha Christie war, „verlieh“ sie manchmal sämtliche Wohnungen und Häuser an Freunde und musste selbst zur Miete wohnen. Und dann gab es sogar Freunde, die ihr obendrein Reparaturrechnungen für die Wohnung zuschickten! Ihre liebsten Häuser waren ihr Elternhaus Ashfield und Greenway. 1938 verkaufte sie Ashfield, um Greenway House am Fluss Dart zu erwerben. 1943 wurde Greenway allerdings für die amerikanische Armee requiriert. Vom Aufenthalt der Amerikaner in Greenway zeugt ein Fries in der Bibliothek, auf dem die Stationierungen der Marineeinheit abgebildet sind. Agatha bestand darauf, dass der Fries erhalten bleibt.
Der Band von Hilary Macaskill stellt die Häuser von Agatha Christie ausführlich und reich bebildert – auch mit seltenen Familienfotos – vor. Allerdings konzentriert die Autorin sich auf Devon, Winterbrook bei Oxford und die Wohnungen in London werden nur am Rande erwähnt. Die Autorin führt auch die Romane und Kurzgeschichten auf, in denen Schauplätze aus Devon – unter einem anderen Namen – eine Rolle spielen.
Interessant sind auch die Kapitel „Servants and staff“ und „The legacy – the tourism and the brand“, die in ähnlichen Darstellungen bislang fehlten.
Hilary Macaskill zeigte während ihrer Buchvorstellungen Fotos aus dem Buch, aber auch auch weitere Aufnahmen. Zum Schluss beantworte sie Fragen. So erzählte sie auf Nachfrage, sie sei auf das Buchthema gekommen, als sie einen Artikel über die Eröffnung von Greenway House schrieb.
Nach der informativen Veranstaltung signierte Hilary noch ihr Buch.

Hilary Macaskill
Hilary Macaskill beim Signieren
Weitere Fotos von Buchvorstellung in meiner Fotogalerie.

Buchvorstellung: Agatha Christie’s secret notebooks

In drei Städten wurde das Buch von John Curran vorgestellt: in Dublin, in Torquay und in London. Ich war bei Buchvorstellung im Torquay Museum am 16. September 2009 dabei. Das Museum beherbergt auch eine Ausstellung über Agatha Christie.
Vier Jahre hat John Curran die Notizbücher studiert und analysiert, die vorher schon für die Biographien von Janets Morgan und Laura Thompson verwendet worden waren. Bevor John sie auswertete, waren sie im „Fax Room“ in Greenway House eingelagert. Die Notizbücher waren zwar nummeriert, aber keinesfalls in chronologischer Reihenfolge. Eine Nummerierung in chronologischer Reihenfolge wäre auch kaum möglich, da Agatha Christie ihre Notizbücher parallel benutzte, je nachdem, wo sie sich gerade befand. Insgesamt sind es 73 Notizbücher, das älteste aus ihrer Zeit als Schülerin in Paris, die letzten Aufzeichnungen stammen ein paar Jahre vor ihrem Tod.
John erfasste als erstes den vollständigen Text der Notizbücher in einer Datei. Eine wahrhaft detektivische Leistung, da die Handschrift der Queen of Crime kaum zu lesen ist und sie häufig nur Stichwörter oder unvollständige Sätze notiert hat. Außerdem sind die wenigstens Aufzeichnungen datiert.
Agatha Christie nutzte die Bücher, um Ideen für neue Romane aufzuschreiben oder die Plots ihrer Bücher zu planen. Nur einem Fachmann wie John Curran war es möglich, diese den entsprechenden Romanen zuzuordnen. Offenbar hatte sich schon früher jemand daran versucht und kleine Notizzettel eingeklebt, diese Analyse war aber in den Anfängen gescheitert.
In den Notizbüchern befinden sich auch Listen mit Büchern, die ihr von ihrem Verleger zur Lektüre geschickt worden waren oder auch gelegentlich Einkaufslisten.
Interessanter ist aber, wie sie ihre Plots plante. Manchmal spielte sie verschiedenen Möglichkeiten, wer der Mörder sein könnte. Nicht alle ihre Ideen in den Notizbüchern nutze sie. So blieb zum Beispiel ein Mord per Lippenstift nur eine Idee. Einige wenige ihrer Romane (u.a. „The murder of Roger Ackroyd“) sind nicht in den Notizbüchern aufgeführt. Dass ein oder mehrere Notizbücher fehlen, ist eher unwahrscheinlich.
Der nächste Schritt, die Arbeit am Manuskript, ist leider nicht mehr erhalten. Das Verlagsarchiv von HarperCollins gibt dazu nichts her.
John Curran beschrieb in seinem Vortrag, wie er die Notizbücher vorgefunden hat und wie er bei der Analyse vorgegangen ist. Dazu präsentierte er einige Scans der Notizbücher, die deutlich machten, welche Mammutaufgabe er bewältigt hat.
In einer Pause bestand die Möglichkeit, sich die Ausstellung im Museum anzuschauen oder das Buch vom Autor signieren zu lassen. Nach dem zweiten Teil wurde eifrig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Fragen zu stellen.
Das Buch wird in sechs Ländern vertrieben werden. Es ist geplant, einen zweiten Band zu veröffentlichen.

John Curran
John Curran bei seinem Vortrag. Weitere Fotos von dem Event in meiner Fotogalerie.

Agatha Christie Walk

Joan Nott ist eine Institution. Nachdem sie mit ihrem Mann nach Torquay gezogen war, begann sie mit dem Agatha Christie Walk, lange bevor diese von der Touristik in Tourquay überhaupt vermarktet wurde. Mit über 80 Jahren führt Joan weiterhin Interessierte an Christie-relevante Schauplätze in Torquay. Davon gibt es einige: der Pier, auf dem Agatha Miller, wie sie mit Mädchennamen hieß, Rollschuh lief. Der Pavillion, wo sie Konzerte besuchte und tanzte und Archie Christie um ihre Hand anhielt. Das Grand Hotel am Bahnhof, wo sie die Hochzeitsnacht verbrachte und am nächsten Morgen ihre Mutter über die Hochzeit informierte. Kurz darauf musste Archie an die Front. Die Tour begann an der Büste für Agatha Christie und endete im Imperial Hotel, wo Agatha oft zum Tee war. Gegenüber dem Hotel befand sich der Club ihres Vaters.

Joans Tour führt allerdings nicht an Ashfield, dem Elternhaus und der Kirche, in der sie getauft wurde, vorbei. Da sie zu abgelegen sind, um in den 90 Minuten besucht zu werden.
Joan Nott
Joan Nott und Agatha

Weitere Fotos von der Tour in meiner Fotogalerie.

Greenway House

Seit dem Frühjahr 2009 ist Greenway House für Besucher geöffnet. Nach einer kurzen Begrüßung in der Halle können sich Besucher im Haus frei bewegen und Informationen über die Räume und das Leben von Agathas Familie erfahren. Wer das nötige Kleingeld hat, kann auch einige Zimmer im Haus für eine Woche vom National Trust mieten.

Ich hatte das große Glück, mit einer kleinen Gruppe an einer Privatführung durch das Haus mit Agathas Enkel Mathew Prichard teilzunehmen. Er ist auch auf einem Band im Haus zu hören, wie er von seinen Erlebnissen als Junge im Haus seiner Großmutter berichtet.

Fotografieren ist im Haus nicht gestattet. Bislang gibt es auch noch keinen Guide vom Nationla Trust über das Haus, nur über den Garten. Im Buch von Hilary Macaskill befinden sich aber viele Aufnahmen aus Greenway. Außerdem kann man im Museumsshop Postkarten mit Aufnahmen der Räume erwerben.

Fotos vom Garten in meiner Fotogalerie.

Theateraufführung „Spider’s web“

Die Agatha Christie Theatre Company führt im ganzen Land ausschließlich Stücke von Agatha Christie auf. Nach „The hollow“ war sie nun mit „Spider’s web“ während der Agatha Christie Week zu Gast. Das Stück war durchweg gut besetzt und witzig umgesetzt. Auch die Ausstattung stimmte. An einigen Stellen was das Stück und insbesondere die Rolle des Hugo Birch war für meinen Geschmack zu klamaukig inszeniert.

Open Air Kino: Murder on the Orient Express

Am Abend bevor es für mich am nächsten Tag wieder zurück nach London ging, ließ ich mir die Aufführung von „Murder on the Orient Express“ vor Torre Abbey nicht entgehen. Nach der missglückten Neuverfilmung von „Murder is easy“, die vor unserer Reise nach Torquay im englischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, tat dieser Klassiker richtig gut.

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