Billy auf Deutsch in Zürich

Als ich in diesem Jahr erfuhr, dass „Billy Elliot“ zum ersten Mal in deutscher Sprache in Zürich aufgeführt wird, war für mich als großer Fan des Musicals klar, dass ich mal wieder nach Zürich reisen muss.

Heute (Donnerstag) ist es soweit. In Frankfurt habe ich eigentlich 50 Minuten Zeit für den Umstieg, doch nur weil mein Anschlusszug 10 Minuten Verspätung hat, sind es ausreichende 20 Minuten. Vor Freiburg kommen beunruhigende Durchsagen. Erst heißt es, wegen einer Oberleitungsstörung verzögere sich die Weiterfahrt um eine Stunde. Dann erfolgt die freudige Kunde, dass der Zug doch planmäßig weiterfahren könne. Kurz darauf aber werden wir per Durchsage informiert, dass der Zug leider in Freiburg endet und alle Passagiere aussteigen müssen. Wie es weitergeht, könne man derzeit nicht sagen. Meine App bietet mir als Alternative einen Zug nach Basel. Nur: dieser kommt einfach nicht. In der Halle unten herrscht großes Chaos, lange Schlangen an den beiden Info-Schaltern. Mit drei Gestrandeten mit demselben Ziel Zürich kommen wir endlich an die Reihe. Alle hätten dieselbe Frage, meint die Frau an Schalter. Nach ihren Informationen soll die Störung um 16:30 Uhr behoben sein. Nach dieser vagen Auskunft, stoßen wir auf eine „Service“-Kraft der Deutschen Bahn, die uns zu einem Schienenersatzverkehrs-Ersatzbus nach Basel lotsen will. Um 16 Uhr ist dann die Störung behoben und ich sitze dann in einem ICE, der gut zwei Stunde später als geplant in Zürich eintreffen soll. Die Kollegen von der Schweitzer Bundesbahn, die in Basel den Zug übernehmen sind untröstlich, dass der Zug „aufgrund eines Ereignisses in Deutschland“ derzeit 10 Minuten Verspätung habe. Es gelingt ihnen aber, bis zur Ankunft in Zürich die Zeit wieder aufzuholen.

Auf dem Bahnhof entschließe ich mich auf Grund der vorgerückten Uhrzeit, ein Taxi zum Hotel zu nehmen. Die kurze Fahrt ist sehr komfortabel, ist aber auch die teuerste Taxifahrt meines bisherigen Lebens.

Ich entschließe mich kurzfristig, bereits an diesem Abend die Show im benachbarten MAAG Theater zu besuchen. Eine richtige Entscheidung, denn dadurch kann ich während meines Zürich-Aufenthaltes alle drei Billy- und Michael-Darsteller sehen.

Ich hatte etwas Bedenken, dass das Musical durch die deutsche Übersetzung leiden könnte. Aber die Texte klingen überraschend gut und authentisch auf Deutsch. Die Produktion kommt den sehr hohen Standards des West End Originals sehr nahe. Im Gegensatz zu dem Revival in Leicester vor einigen Jahren, wird nicht auf die Stepptanz-Einlagen verzichtet. Moritz und Justin überzeugen als Billy und Michael. Auch die erwachsene Cast ist sehr gut ausgewählt. Nach zweieinhalb Stunden bin ich von der Schweizer Produktion sehr positiv beeindruckt.

Nach einem ausgiebigen Frühstück fahre ich gegen elf Uhr mit der Tram in die Stadt. Der öffentliche Nahverkehr ist erwartungsgemäß gut geregelt in Zürich. Um 13 Uhr nehme ich an einer kostenlosen Stadtführung teil. Unser Guide Nicolas führt eine bunte Mischung von Touristen aus aller Welt in englischer Sprache 90 Minuten durch die Stadt. Er ist vor ein paar Jahren aus Gent (aus dem französischsprachigen Teil der Schweiz) zum Studium nach Zürich gekommen. Er informiert uns während der Führung über geschichtliche Ereignisse und die Kirchen und Gebäude der Stadt. Wir erfahren auch einiges über das Leben und das politische System in der Schweiz, in der offenkundig die meisten zufrieden sind. Denn durch die vielen Volksentscheide ist sichergestellt, dass jeder gehört wird.

Am Abend stehen Leo und Charles als Billy und Michael auf der Bühne. Leo (passenderweise rothaarig) ist ein ausgezeichneter Tänzer, der wie Moritz zusätzlich zum Ballet für die Show noch Stepptanz gelernt hat. Gesanglich übertrifft er meiner Meinung nach noch Moritz. Mit seinen Talenten hätte er sicher auch im West End auftreten können.

Am Samstag stehen die Stadtkirchen auf meinem Programm. Seit der Reformation sind sie im Innern sehr nüchtern ausgestattet. Die Altäre wurden entfernt, die Kanzler rückte zur Verkündung des Glaubens in den Vordergrund. Das Fraumünster fällt mit seinen berühmten Chagall-Fenstern etwas aus dem schmucklosen Rahmen.

Am Abend stehen Nevio und Oscar auf der Bühne. Auch Nevio verfügt über eine schöne Stimme und sein Ballet – wie Stepptanz – wirkt mühelos. Man sieht, dass er seit dem vierten Lebensjahr Tanzunterricht nimmt.

Am Sonntagmorgen lasse ich es ruhig angehen. Das Frühstück hält bis mittags vor. Denn dann steht meine letzte Billy-Show an. Nevio und Oscar stehen noch mal auf der Bühne. … spielt heute als Zweit-Besetzung Billys Vater. Gesanglich steht er etwas …. nach, aber sein Schauspiel überzeugt.

Nach der Show fahre ich mit der Tram in die Stadt uns sehe mir am Bellevue den Weihnachtsmarkt an. Erwartungsgemäß ist er am Sonntagabend proppenvoll. Im traditionellen Zeughauskeller esse ich zu Abend. Hirschpfeffer und gutes ein Bier – für Schweizer Verhältnisse gar nicht einmal so teuer.

Damit geht meine Billy-Elliot-Tour nach Zürich schon zu Ende. Zürich hat mir – trotz der hohen Preise – sehr gut gefallen. Die Stadt ist sehr sauber und gar nicht hektisch. Während meines Aufenthaltes habe ich keinen Obdachlosen gesehen oder bin um Geld angebettelt worden. Offenbar wirken sich die hohen Preise auch auf die Löhne aus.

Die Rückreise mit der Deutschen Bahn verläuft ähnlich chaotisch wie die Anreise. Mein ICE in Frankfurt fällt aus. Die App bietet mir als alternative Verbindung eine Fahrt über Köln an. Doch schon in Frankfurt Flughafen heißt es, dass der Zug wegen eines Brückenschadens Köln erst mit fast zwei Stunden Verspätung erreichen würde. Also steige ich aus und nehme einen Zug nach Essen. Doch dieser hat unterwegs so viel Verspätung, dass ich den Anschlusszug in Essen nicht schaffen würde. In Düsseldorf steige ich deshalb in einen Zug nach Hamburg an. Kurz vor Münster müssen stehen wir wieder wegen einer Signalstörung für 30 Minuten auf offener Stecke. Mit erneut fast zwei Stunden Verspätung erreiche ich endlich mein Ziel.

Fotos von meiner Reise nach Zürich in meinem Fotoalbum

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