Live aus Florida: Ende einer Rundreise Samstag, 19.12.1998

Ich verzichte auf morgendliches Joggen am Strand und gehe nach dem Frühstück („europäisches“ Frühstück: ziemliches hartes „Kaiser“-Brötchen mit gekochtem Schinken) am Strand entlang spazieren. Dann biege ich in die Worth Avenue ein. Es ist noch sehr ruhig. Eine Lady in einem kunterbunten Wollpullover führt ihr Rassehündchen aus. Sie überprüft, ob ihr Liebling sein Geschäft verrichtet hat und hebt dazu seinen Schwanz hoch. Liebling hat aber wohl Verstopfung. Ich gehe noch zum „Breakers“, dem Wahrzeichen der Stadt. Das Hotel wurde von Henry Morrison Flagler erbaut. Der Öl-Magnat erschloss Florida mit seiner Eisenbahn.

Um 10.30 Uhr werden unsere Koffer in den Bus gebracht, um 11 Uhr fahren wir ab. Larry hält eine kurze Ansprache. Er hat auf das Frühstück verzichtet, um die Impeachment-Debatte im Fernsehen zu verfolgen. Bob Livingston ist zurückgetreten. Das sei hochanständig, Clinton dagegen sei ein Ich-Mensch. Doch bald werde er dem Druck nicht mehr standhalten können und Livingstons Beispiel folgen müssen.

Wir machen noch eine Fahrt durch Palm Beach, unterwegs halten wir bei einer Eisdiele. Das selbsthergestellte Eis eines Einwanderers aus Polen schmeckt gut. Wir fahren weiter nach Fort Lauderdale. Larry zeigt uns seinen deutschen Bäcker. Der Mann war in Deutschland Steuerberater und ist nach seiner Scheidung nach Amerika ausgewandert. Da das Steuersystem in den USA nicht so kompliziert wie das deutsche ist, konnte er seinen Beruf hier nicht ausüben und eröffnete eine inzwischen sehr gut gehende Bäckerei. Ob Larry auch mal wieder nach Deutschlang komme, wird er gefragt. „Sicher, wenn ich Präsident bin, besuche ich Euch.“ Larry zeigt uns die Nobelvillen mit Luxusjacht hinter dem Haus im Kanal. Larrys Handy klingelt. Seine Frau ist am Telefon. Sie gibt das Abstimmungsergebnis durch: gegen Clinton soll ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden, 5 Demokraten haben auch dafür gestimmt. Larry freut sich. „Jetzt geht das ganze an den Senat. Das wollten die Clinton-Leute verhindern. Clinton wollte in die Geschichte eingehen. Nun geht er als Präsident in die Geschichte ein, der einen Meineid geleistet hat und aus dem Amt geworfen wurde.“ – Gegen 13.30 Uhr erreichen wir Miami Flughafen. Hier heißt es für einige unserer Mitreisenden Abschied nehmen, da sie bereits heute nach Hause fliegen. Wir dagegen werden zum Miami Beach Ocean Resort gebracht. Wir verabschieden uns von Larry und geben ihm seinen am Vortag uns ausgehändigten Umschlag „Wahlkampf 2000 – Go, Larry, go“ gefüllt zurück.

Als wir unser Zimmer Nr. 821 betreten, stellen wir fest, dass statt des gebuchten Blick auf den Ocean wir auf die Straße schauen. Also wieder runter zur Rezeption. „Sorry, Meerblick stand nicht im Computer.“ Wir bekommen Zimmer 821 – mit Meerblick. Endlich können wir die Koffer auspacken. Endlich komme ich dazu, das Reisetagebuch zu aktualisieren

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