Live aus Mallorca

Freitag, 23.04.1999

Das Taxi wartet um 9.30 Uhr. Das Fahrziel "Hörster Tor" scheint dem Fahrer zunächst unbekannt zu sein. Nach einiger Zeit fällt ihm ein, dass das türkische Konsulat in der Nähe ist und fährt uns dann auf einem kleinen Umweg dorthin. Nach ein paar Minuten steigen wir dort in den Bus zum Flughafen ein.
Der Flug ist problemlos. Wir landen sogar 10 Minuten zu früh in Palma de Mallorca. Dort werden wir zum TUI-Bus gelotst. Nun heißt es erst einmal warten. Über eine halbe Stunde vergeht, bis weitere Maschinen gelandet und genügend TUI-Gäste ausgestiegen sind, die auch nach Cala Millor möchten.
achdem es endlich losgegangen ist, sind wir 90 Minuten später in Cala Millor, am Hotel Veronica. Genauer gesagt am Hotel Veronica I. Veronica II ist direkt gegenüber. Links daneben die "Kutscherstuben" nebst "Deutschem Haarstudio".
Das Hotel ist im Stil der 50er-Jahre gehalten, zum Großteil Originalmöbel. Das Geburtsjahr der Gäste dürfte sogar weitestgehend davor liegen. Im Zimmer die erste Intelligenzprobe: warum funktioniert das Licht nicht? Aha: man muss den Schlüsselanhänger in einen Schlitz neben der Eingangstür schieben. Ein Bibliotheksausweis erfüllt übrigens den gleichen Zweck.
Wir schaffen es, pünktlich um 18 Uhr im Speisesaal, eher Speisekeller (da Souterrain) zu sein. Nun gilt es Tisch Nr. 68 zu suchen. Die eigenwillige spanische Zählweise der Tische macht die Suche recht unterhaltsam. Da das Hotel gerade den ersten Tag der Saison eröffnet wurde, ist es noch nicht sehr voll. Trotzdem werden die Gäste in einem Teil des Saals zusammengepfercht. Nach dem Essen ein kurzer Gang durch die Stadt.

Samstag, 24.04.1999

Die Reise und die Klimaumstellung fordert ihren Tribut. Wir erscheinen erst 10 Minuten vor 10 zum Frühstück. Wir stellen fest, dass der Aushang "Frühstück: 8 – 10 Uhr" ernst gemeint war. Punkt 10 Uhr wird das Frühstücksbüffet abgeräumt.
Wir erkundigen Cala Millor, das sehr touristisch ist, aber einen schönen Strand besitzt. Nachmittags erscheint Rabea Bürgel von der TUI, um uns über die Ausflugsmöglichkeiten und was man im Ort machen kann zu informieren. Abends wird es in den Zimmern ziemlich kühl. Die Klimaanlage funktioniert nämlich nicht. Man habe sie eigentlich im Winter neu einstellen wollen, aber es sei noch nicht fertig geworden. Im Übrigen: warum wir frieren würden? Sie seien doch die Südländer und müssten  auf kalte Temperaturen viel empfindlicher reagieren als wir.

Sonntag, 25.04.1999

Wir besuchen die Kirche im Ort. Bereits 15 Minuten vorher ist das Gotteshaus bis auf den letzten Platz besetzt, Stühle sind aus dem Pfarrheim herbeigeschafft und vor die breite, geöffnete Eingangstür gestellt worden. Pfarrer Antonio unterhält derweil die Anwesenden. Er sei froh, auf Mallorca zu arbeiten. In Deutschland habe die Sonne noch nicht gelernt, im Winter zu scheinen. Sein Messdiener, Hilfsküster, musikalischer Leiter in einer Person, ist ein Rentner aus der Eifel, der nicht Mitte 60 ist, wie man glauben könnte, sondern bereits 80 Jahre alt ist.
Mittags folgen wir Rabea Bürgels Empfehlung und gehen am Strand entlang zu einem Restaurant an einem alten Wehrturm. Die Aussicht auf die Bucht ist malerisch. Ich bestelle eine Sangria, für meinen Geschmack ist das Getränk zu süß.
Abends herrscht im Speiseraum auf der besetzten Hälfte eine drangvolle Enge. Die Tische sind so eng aneinander gerückt, dass man kaum aufstehen kann, ohne die Leute am Nachbartisch zu belästigen. Außerdem sind viele der Gäste nicht gerade untergewichtig. Nach dem zu urteilen, was sie am Buffet auf ihre Teller legen, werden sie auch nicht an Gewicht verlieren …

Montag, 26.04.1999

Heute gehen wir am Strand entlang in die andere Richtung nach Cala Bona. Cala bedeutet "Bucht", Cala Bona also "die schöne Bucht", Cala Millor "die schönere Bucht". Cala Bona ist  kleiner als Cala Millor und besitzt einen kleinen Hafen. Hier steigen mehr englische Touristen ab. Am Nachmittag laufen wir zurück in unseren Ort.

Dienstag, 27.04.1999

Sie haben, geneigter Leser, vielleicht festgestellt, dass wir in den Tagen in Cala Millor noch nicht allzu viel unternommen haben. Dem soll nun ein Ende bereitet werden. Wir fahren mit dem Linienbus in die Inselhauptstadt Palma de Mallorca. Die Fahrt dauert gut 90 Minuten. Als der Bus in einer unscheinbaren Straße hält und wir aussteigen, weil dort die Endstation ist, begrüßen uns bereits die Nelkenfrauen, vor denen uns Rabea gewarnt hat. Diesmal lässt sich niemand von ihnen einwickeln.
Da die Baedeker-Redaktion es versäumt hat, diese Straße in ihrem beliebten Führer abzudrucken, kostest es uns einige Mühe und Zeit, uns bis zur Kathedrale durchzuschlagen. Vor der Besichtigung stärken wir uns zunächst – schließlich sind wir ja in Urlaub – bei einer Tasse Kaffee und ganz krossem Baguette. Die Kathedrale, sie ist Maria geweiht – ist die einzige der Welt, die direkt am Meer gebaut ist. Besonders beeindruckend sind die vielfarbigen Rosettenfenster im Inneren, eines davon ist 90 m² groß.
Anschließend schlendern wir durch die Gassen der Altstadt. Diesmal gelingt es uns rasch (mit Hilfe eines gekauften Stadtplanes) die Busstation zu finden. Überraschenderweise können wir mit einem zusätzlichen Bus eine halbe Stunde eher abfahren. Abends wieder die gedrängte Enge beim Essen. Vielleicht sollen sich die Gäste dadurch nur näher kommen. Es könnte auch als Auftakt zum "Disco-Abend" um 21 Uhr gemeint sein. Ein Allein"unterhalter" spielt auf seiner Hammond-Orgel Oldies aus den 70er-Jahren und früher. Drei Paare (darunter ein reines Frauenpaar) drehen sich zu "Fiesta Mexicana". Erst um 23.30 Uhr wird es ein wenig leiser. Bis dahin konnte man mühelos im Zimmer jedes Lied mithören. Um 24 Uhr ist der Spuk  ganz zu Ende.

Mittwoch, 28.04.1999

Heute wandeln wir auf alten Pfaden. Wir fahren mit dem Linienbus nach Cala Ratjada.  Dort hatte meine Mutter vor acht Jahren zum ersten Mal auf Mallorca gewohnt. Uns gefällt der Ort besser als Cala Millor. Er ist nicht so touristisch, es gibt nicht so viele Bettenburgen, dafür einen hübschen Hafen. Nach einer Mittagspause – bei der ich endlich meine Englisch-Lektüre "A man for all seasons" beendet habe, gehen wir am Strand entlang zu einer malerischen Bucht unterhalb eines Leuchtturms. Durch den Ort – an netten kleinen Geschäften vorbei – schlendern wir zurück. Mit dem letzten Bus fahren wir wieder nach Cala Millor. Die Fahrt dauert etwas länger, weil wir noch einmal nach Cala Guya fahren müssen: einige Passagiere hatten den Stop beim ersten Mal nicht mitbekommen und werden kulanterweise noch einmal dorthin befördert.

Donnerstag, 29.04.1999

Wir frühstücken heute eher, weil unsere erste organisierte Tour um 8.30 Uhr beginnt. Es gibt wir üblich: Eier, Speck, Bohnen (!) und Würstchen sowie Brot/Brötchen mit Marmelade oder Dauerwurst. Dazu kann man Tee, Kaffee oder Kakao (aus einem Automaten) trinken.
Wir fahren zuerst nach Palma. Zunächst geht es aber weiter zum Castillo de Bellver, eine Königsburg aus dem 13. Jahrhundert. Der kreisrunde Bau wurde vom mallorquinischen König Jaime II. erbaut. Gegen 11 Uhr kommen wir wieder in Palma an. Zunächst steuern wir die Kathedrale und den Palacio de la Almudaina an. Von dort aus geht es durch die engen Gassen in die Altstadt, vorbei am Rathaus zum Plaza Mayor. Dort legen wir die Mittagspause an. In meinen Spagetti ist nicht nur etwas Bollognese-Soße, sondern auch ein Glasstück. Entsetzt serviert man mir eine neu Portion. Bis 14 Uhr spazieren wir durch die sehenswerte Altstadt, dann setzen wir unsere Fahrt fort.
Unser nächstes Ziel ist Valldemossa. Das ehemalige Karthäuserkloster, das wir besichtigen, ist nach der Kathedrale von Palma die am meisten besuchte Touristenattraktion der Insel. Zunächst sehen wir uns die "Suite" (wie man heute sagen würde) des Priors des Klosters an mit wunderschönem Blick auf das Tal von Valldemossa. Daran schließen sich die Zellen an, die Chopin und seine Begleiterin George Sand im Winter 1838/39 bewohnte. George Sand verfasste über diese Zeit 1842 ein Buch: "Un hiver à Majorque – Ein Winter auf Mallorca". Leider ist unser restlicher Aufenthalt in Valldemossa auf eine knappe halbe Stunde begrenzt, dann geht es schon wieder zurück über Palma nach Cala Millor, wo wir kurz vor 18 Uhr eintreffen.

Freitag, 30.04.1999

Heute ist Markttag in Son Servera. Wir gehen den gut 4 km langen Weg, der landschaftlich sehr schön ist, aber leider an einer lauten und viel befahrenen Straße entlang führt, zu Fuß. Der Markt ist allerdings kein Wochenmarkt, sondern ein Flohmarkt mit Schmuck- und imitierten Modewaren. Das "schlichte Dorf" wie es im Baedeker heißt, ist ziemlich heruntergekommen. Nachdem wir unseren Durst in einer Bar gestillt haben, geht es wieder zu Fuß zum Hotel. Wir nutzen das schöne warme Wetter auf unserem Balkon.

Samstag, 01.05.1999

Heute steht unsere zweite Tour an: die große Inselrundfahrt. Zunächst geht es über Manacor, die zweitgrößte Stadt Mallorcas, wieder nach Palma. Eine Ehefrau beklagt sich bitterlich, dass sie nicht neben ihrem Mann, sondern nur hinter ihm sitzen kann. Nach einigem Hin- und Her sitzen sie endlich zusammen. Auf der restlichen Fahrt reden die beiden kein einziges Wort miteinander. In Palma steigen wir in die Schmalspur-Eisenbahn nach Sòller ein. Die Fahrt mit dem historischen Zug entlang Zitronen- und Orangenbäumen dauert 50 Minuten und führt durch einige Tunnel, der längste 3 km lang. In Sòller geht es weiter nach Puerto de Sóller. Dorthin kann man auch mit einer nostalgischen Straßenbahn hinfahren. Im Hafen steigen wir auf ein Schiff, das auf der Fahrt nach La Calobra tüchtig schaukelt, wir werden dabei ordentlich nass gespritzt. Wir machen Mittagspause. Ich gehe weiter zur Schlucht Torrent de Pareis.
Von La Calobra geht es mit dem Bus über die engen Serpentinen am Kloster Lluc vorbei in die Lederstadt Inca (drittgrößte Stadt der Insel). Hier steht ein obligatorischer Besuch in einer Lederwerkstatt an. Wir trinken eine Tasse Kaffee an der Bar, an der ein gestresster Angestellter mit dem Besucheransturm fertig werden muss. Das ist unsere letzte Station. Nun kehren wir nach Cala Millor zurück.

Sonntag, 02.05.1999

Wieder das gewohnte Stühlerücken in der Kirche. "Mit Rücksicht auf die Stehenden" belässt es der 77-jährige Pastor Antonio bei einer kurzen Predigt.
Um 12.30 Uhr fahre ich mit der "Safari-Bahn" zum Safari-Zoo bei Sa Coma. Dort steige ich in den Auto-Safari-Express. Wir fahren durch ein Gehege (das leider nur wenig begrünt ist) mit Straußen, Zebras, Antilopen und Watussrindern vorbei an Elefanten und Giraffen. Zum Schluss halten wir am "Babyzoo". Hier leben in relativ kleinen Gehegen verschiedene Tiere, z.B. auch ein Löwe und Tiger. Nach einer längeren Rast geht es mit der Safari-Bahn weder zurück nach Cala Millor.
Dort verfasse ich diesen Urlaubsbericht und stelle ihn ins Internet.

Montag, 03.05.1999

In der Nacht hat es heftig geregnet. Am Morgen aber strahlt die Sonne. Also miete ich mir ein Fahrrad und mache mich auf die Fahrt nach Capdepera. Unterwegs sind einige Steigungen zu bewältigen. Da ich nicht durch einen Autotunnel fahren will, muss ich einen beträchtlichen Umweg machen, werde aber dafür nicht von Autos belästigt. Gegen 11.30 Uhr erreiche ich Capdepera und seine Festung, die ich besichtige. Von dort aus hat einen einen schönen Blick auf Cala Ratjada. Die Festung stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde von den mallorquinischen Königen angelegt. Sie besitzt einen vollständig erhaltenen Wehrgang sowie eine kleine einschiffige gotische Kirche.
ach der Besichtigung fahre ich runter nach Cala Ratjada. Hier lege ich eine Pause am Hafen ein. Als ich mich gegen 13 Uhr auf die Heimfahrt begebe, ist der Himmel bewölkt. Einen Kilometer vor dem Autotunnel beginnt es zu regnen. Der Regen nimmt immer mehr zu. In Son Servera schüttet es so, dass die Kanalisation überläuft. Endlich erreiche ich ziemlich durchnässt Cala Millor.

Dienstag, 04.05.1999

Heute fahre ich noch einmal nach Palma. Am Himmel strahlt wieder die Sonne, als ich dort gegen 11.30 Uhr eintreffe. Ich durchstreife die Gassen, schaue mir die Läden und Buchhandlungen an. Die Mittagspause verbringe ich auf dem Piaza Mayor. Dann schlendere ich zur Kathedrale. Mit dem Express-Bus geht es um 16.30 Uhr wieder nach Cala Millor zurück. Der Bus macht seinem Namen alle Ehre. Wir rauschen mit ziemlicher Geschwindigkeit durch die engen Dorfstraßen unterwegs.
Abends tobt wieder die Schlacht am kalten (und warmen) Buffet. Eine wohlbeleibte Frau drängt mich ab. Ich verbrenne mich leicht an der Buffetbeleuchtung. Die Dame hat zwei Teller voll mit Nachspeisen beladen. Als ich mich setzte, sehe ich, wie sie sich noch an den Kuchenteilchen zu schaffen macht …

Mittwoch, 05.05.1999

Unsere letzte Tour, eine Halbtagesfahrt, beginnt erst um 9.00 Uhr. Es führt uns wieder Michel (leichte Ähnlichkeit mit Oscar-Preisträger Roberto Benigni). Wir fahren über Porto Cristo, Monacor in das "Es Pla", das Plateau im Inselzentrum. Nahe Sant Joan besichtigen wir das Landhaus (Finca) Els Calderers. Die Geschichte des Gutes kann bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Das heutige Gebäude wurde ab 1750 errichtet. Wir besichtigen die über zwanzig Räume mit mallorquinischen Originalmöbeln aus dem 18. und 19. Jahrhundert und erhalten einen guten Eindruck von dem Leben in dieser Epoche. Unser nächstes Ziel ist das kleine Städtchen Sineu. Um den Kirchplatz ist heute Markt, diesmal aber auch mit Obst und Gemüse und sogar lebenden Tieren (Hühner, Enten, Kaninchen …). Wir trinken vor einer Bar einen starken Kaffee, neben uns halten mallorquinische Rentner ein Schwätzchen.
Auf der Rückfahrt informiert uns Michel über die Wirtschaft der Insel. Bereits um 14 Uhr erreichen wir Cala Millor und nach einer Siesta laufen wir am Strand entlang nach Cala Bona.

Donnerstag, 06.05.1999

er letzte Tag ist angebrochen. Wir laufen noch einmal am schönen Sandstrand entlang zu dem Restaurant am alten Wehrturm. Ich schaue mir dort die Felsküste an. Den Nachmittag verbringen wir am Pool. Trotz des warmen Wetters ist das Wasser doch recht kühl.

Freitag, 07.05.1999

Nach dem Frühstück heißt es Kofferpacken. Wir setzen uns noch etwas auf den Balkon. Um 12.30 Uhr kommt der Bus, der uns zum Flughafen bringt. Dort checken wir uns ein und passieren die laschen Kontrollen. Unser Flieger startet eine halbe Stunde später, da wir auf einen "Slot" in Mallorcas vielbeflogenem Himmel warten müssen. Um 18 Uhr landen wir in Münster/Osnabrück.

Die Fotos zu dieser Reise finden Sie in meinem Fotoalbum

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