Nachdem er sich sein Feinripp-Shirt versaut hat, braucht Tom Hollands erst einmal eine Zigarette zur Entspannung auf dem Dach des Duke of York Theatre

Heute besichtige ich die Queen’s Gallery – beziehungsweise jetzt wieder King’s Gallery – am Buckingham Palace. Eine Sonderausstellung beschäftigt sich derzeit mit 100 Jahren königlicher Fotografie. Da die Royals als Auftraggeber finanziell gut aufgestellt waren, wurden sie schon zur Frühzeit der Fotografie für Portraits abgelichtet. Daher behandelt die Ausstellung auch die Entwicklung der Fotografie von den Anfängen bis in das Digitalzeitalter. Mittlerweile posten Mitglieder der königlichen Familie Selfies in den „sozialen Netzwerken“ – auch mit unerwünschten Begleiterscheinungen. Es gab aber auch professionelle Fotografen in der Royal Family – der engste Verwandte war Lord Snowdon – der Schwager der Queen. Weitere Fotografien stammen von Cecil Beaton, Dorothy Wilding, Annie Leibovitz und vielen anderen. Die gezeigten Aufnahmen sind überwiegend offizielle Portraits, leider werden nur wenige Fotografien, die am Rande der Sitzungen entstanden, gezeigt. Dennoch eine sehr interessante Foto-Ausstellung, die auch zeigt, wie unterschiedlich die Royals in den letzten 100 Jahren „inszeniert“ wurden.

Zu Beginn des Jahres hatte mich das Revival von „Sunset Boulevard“, inszeniert von Jamie Lloyd sehr beeindruckt. Nicht umsonst wurde die Produktion mit Olivier Awards überschüttet. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen für „Romeo % Juliet“ mit Tom Holland als Romeo, adaptiert von Jamie Lloyd. Die Kritiken waren allerdings sehr durchwachsen und ich muss den negativen Kritiken (Beispiel) leider recht geben.

Jamie Lloyd erweist sich als „One trick Pony“: der Verzicht auf jegliche Kulissen und die Übertragung von mit Handkameras aufgenommenen Gesichtern der Darstellern, war sehr passend für Sunset Boulevard, eignete sich aber überhaupt nicht für die tragische Liebe von Romeo & Julia.

Die Bühne ist leer. Sechs überdimensionale Buchstaben VERONA gaukeln vor, die Handlung spiele im lieblichen Verona. Der Bühnenhintergrund erinnert aber mehr an eine amerikanische Ghetto-Siedlung.

Viele Szenen wirken mehr wie eine Lesung: Tom Holland und das Ensemble stehen hinter Mikrophon-Ständern und rezitieren – statt miteinander zu agieren. Manchmal sprechen sie sogar mit dem Rücken zum Publikum – wie ein Priester im vorkonziliaren Ritus.

Die Hauptdarsteller überzeugen nicht als Liebespaar, das Hals über Kopf bedingungslos – ohne Rücksicht auf familiäre Bindungen – sich ineinander verlieben.

Die Szene in der Romeo Tybalt tötet, ist wie ein Splatter-Movie inseniert. Nach dem tödlichen Stich geht die Beleuchtung aus. Als das Licht wieder angeht, ist Romeos Feinripp-Unterhemd plötzlich blut-besudelt. Da würden auch Ariel und Persil nicht mehr helfen.

In seinem Exil auf dem Dach des York Theatres, das Bild schon wie in „Sunset Boulevard“ auf eine Leinwand übertragen, zündet sich Romeo später erst einmal eine Zigarette an, um dann gespannt auf News aus Verona zu warten. Es hätte nicht überrascht, wenn er sein Smartphone gezückt hätte, um die News abzurufen.

Wie schon in einigen Rezessionen bemängelt, wurde häufig entweder geschrien oder gemurmelt. Für Nicht-Muttersprachler kommt noch erschwerend hinzu, dass einige Schauspieler mit starkem nordenglischem Akzent murmeln.

Gibt es auch etwas Gutes zu sagen? Ja: der Name Tom Holland hat zumindest zahlreiche junge Menschen ins Theater gelockt, die sonst um Shakespeare einen weiten Bogen machen würden.

Für mich aber ist der Abend eine kostspielige Enttäuschung.

Als ich das Theater verlasse, wartet schon eine große Menschentraube vor dem Bühneneingang. Security muss die Holland-Fans davon abhalten, vor fahrende Autos zu laufen. Nach einiger Weile verlässt Tom Holland dann das Theater, winkt freundlich seinen Fans zu und steigt in eine bereitstehenden Karosse ein.

Fotos aus London in meinem Fotoalbum.

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