Golden jubilee week: 02.06.2002 (Sonntag): 9.14 Uhr ab Paddington (oder nicht so ganz)

Heute fahre ich früh nach Paddington Station, um den 9.14-Uhr-Zug nach Windsor und Eton zu erreichen. Dort werden die Queen und Prince Philip einen Dankgottesdienst besuchen. Kurz vor neun bin ich dort. Offenbar ist die Abfahrt des Zuges um ein paar Minuten verschoben worden (so etwas passiert in England häufiger). Jetzt soll es neun Uhr 18 sein. Nachdem an den Monitoren das Gleis bekannt gegeben wurde, finde ich mich am Gleis 12 ein. Der Zug steht schon dort, eine Menge anderer Fahrgäste auch. Aber man kann noch nicht einsteigen. Erst um 9.25 Uhr öffnen sich die Türen und kurz danach fahren wir ab. Seit der Aufteilung von British Rail in mehrere private Unternehmen, die einzelne Strecken bedienen, ist das Eisenbahnfahren in Großbritannien noch unübersichtlicher und chaotischer geworden – und teurer. Da sehnst man sich fast schon nach der Deutschen Bahn. Und das will etwas heißen.
In Slough muss ich umsteigen. Um kurz vor zehn treffe ich in Windsor ein. Eine Dreiviertel Stunde für 35 Kilometer ist auch nicht gerade Highspeed. Die ganze Stadt ist für das Golden Jubilee geschmückt. Ich begebe mich zum Windsor Castle. Der Uniformierte am Besucher-Eingang gibt bekannt, dass das Castle erst ab 13 Uhr besichtigt werden kann. Am Eingang zur St. George’s Chapel treffen die ersten geladenen Gäste ein. Eine Dame sieht – zumindest von der Kleidung her – der Königin zum Verwechseln ähnlich. Einige Schaulustige habe sich schon am Eingang postiert, um zu beobachten, wie die Royals vorfahren.
Als ich später noch einmal vorbeikommen, höre ich wie der Uniformierte sagt, dass die State Appartments erst ab 13 Uhr besichtigt werden könnten. Vorher könne man kostenlos in den Hof und zum Eingang der St. George’s Chapel, durch den die Königin die Kirche betreten und verlassen wird.
Das lasse ich mir natürlich nicht entgehen und gehe hinein. Die Taschen- und Sicherheitskontrolle ist verglichen mit der am Flughafen recht lasch. Ein paar Minuten später stehe ich vor der St. George’s Chapel. Es sind gar nicht so viele Schaulustige da, vermutlich weil viele gar nicht wussten, dass man so weit hineinkommen darf und weil König Fußball sein Szepter schwingt: England gegen Schweden. Tage vorher hatten die Zeitungen auf das Match eingestimmt. Das Pikante an der Begegnung ist, dass der Trainer der englischen Nationalmannschaft Schwede ist. In Interviews hatte er versichert, dass jeden Tag englischer fühle und sein Team zum Sieg bereit sei. Trotzdem reicht es nur zum einem 1:1.
Um zwanzig nach elf fahren die Queen und ihr Mann vor. Da ihre Limousine direkt vor dem Eingang zur Kapelle hält, bekommt man nicht viel von ihnen zu Gesicht. Vor mir wird gerade eine Lady, die ganz professionell mit Klappstuhl angereist ist, interviewt. Der Gottesdienst wird über Lautsprecher übertragen. Leider wird durch den Lärm der Flugzeuge, die von oder nach Heathrow Airport fliegen, häufig der Ton übertönt. Aber ich habe den gedruckten Text in den Händen, der vorher verteilt worden ist.
Englische Gottesdienste sind meistens knapp und eine gute dreiviertel Stunde später verlassen die Königin und der Duke of Edinburgh die Kirche. Sie werden von vier Vertretern der vier großen Konfessionen und Kirchen (darunter der Erzbischof von Canterbury , der Dekan von Windsor und der katholische Erzbischof von Westminister) begleitet. Doch erfreulicherweise steigen sie nicht gleich ins Auto, sondern unternehmen einen "Walkabout": sehr freundlich und aufgeschlossen gehen sie auf den Menschen, die vor der Kirche stehen, zu. Der Herzog wechselt so ein paar Worte mit einigen. Nach der Runde gehen sie wieder durch einen anderen Eingang in die Kirche und durch die Kirche wieder zum Auto zurück, das sie zu ihrem Lunch fährt.
Auch ich esse etwas im nahe gelegenen "Pret a manger", bummele noch etwas durch die Stadt und schaue mir – diesmal nur von außen – das Eton College an. Dann nehme ich den Zug zurück nach Paddington.
Am Abend schaue ich am Buckingham Palace vorbei, wo im Garten ein klassisches Konzert (Proms in the Park) stattfindet. glückliche Gewinner, die ausgelost wurden, dürfen im Park als Gäste dabei sein und – nach einem Picknick mit Champagner und Bier – das Konzert im Garten der Königin miterleben. Alle anderen können es an Großbildschirmen vor dem Buckingham Palace, auf der Mall und im Green Garden verfolgen – oder zu Hause vor dem Fernseher.
Die Fotos zur Reise finden Sie in meinem Fotoalbum

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